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Jagdlicher und jagdsportlicher Gehörschutz
Das Bewusstein um den Erhalt und den Schutz unseres biologischen Körpers hat sich in den letzten Jahrzehnten gewandelt. Grundsätzlich und allgemein betrachtet in positiver Form (mehr dazu und die Ausnahmen siehe weiter unten in diesem Kapitel).
Vor allem haben uns die EU-Regulatoren im Arbeitsschutz bereits relativ früh Grenzwerte für kurzzeitige und dauerhafte Schallpegel gesetzt, die der Belastung Rechnung tragen und Dauerschädigungen in der Arbeitsumgebung möglichst verhindern.
Die bisher angewandte Verbreitung des Tragens von Gehörschutz beschränkte sich bei den jagdlichen Schützen vor Jahren fast ausschließlich auf den Trainingsbereich, d.h. auf den Schießstand. Dies hat sich inwischen geändert.
Man kann sich natürlich die Frage stellen, ab welcher Lärmbelastung im Jagdbetrieb tatsächlich Schädigungen des Gehörs auftreten und wie lange bzw. wie oft diese Einwirkungen stattfinden müssen, um diese Voraussetzungen zu erfüllen.
Wir möchten an dieser Stelle unsere Sicht in diesem Thema darstellen. Wir tun dies, wie mit allen hier auf unserer Internetseite erläuterten Themen neben dem technischen Hintergrund vor allem aufgrund unserer Erfahrungen in der Praxis. Das heißt: Arbeitsbereiche (Lärmbereich), auf dem Schießstand und auf der Jagd.
Kapselgehörschützer (der wirksamste Gehörschutz)
Arten und Effektivität von Gehörschutz
Im Arbeitsschutz PSA abgekürzt ("persönliche Schutzausrüstung"), ist der Gehörschutz im Arbeitsleben ein wichtiger Bestandteil der Ausstattung für Arbeitnehmer, die in sog. Lärmbereichen arbeiten.
Man unterscheidet 2 Arten von Gehörschutz:
Gehörschutzstopfen und Gehörschutzkapseln (Mickey-Maus). Die Gehörschutzstopfen gibt es als ummantelte Watte, Schaumstoff, Gummilamellen oder für das Ohr angepasste formschlüssige Einsätze, die in den Gehörgang eingesetzt werden. Nachteil bei den Stopfen ist der Kontakt im Gehörgang (Jucken, Schmutzempfindlichkeit) und die begrenzte Schalldämmung. Auch wenn die Dämmwerte in der Regel zwischen 17 bis 35dB(A) angegeben werden, ist die richtige Handhabung problematisch. Bei falscher oder fehlerhafter Anwendung wird die gewünschte Schallreduzierung oft nicht erreicht, wenn keine 100%ige, formschlüssige Ausformung im Gehörgang stattfindet.
Die eindeutig bessere Lösung sind Kapselgehörschützer, da diese auch das gesamte Ohr umschließen und insgesamt eine bessere und sichere Lärmdämmung ermöglichen als Gehörschutzstopfen. Nachteilig ist die nach außen auftragende Geometrie und die Tragebelastung sowie die Förderung des Schwitzens bei hohen Aussentemperaturen.
Die Lärmdämmung von Kapselgehörschützern beträgt je nach Ausführung ca. 25-38dB(A). Dies ist außer dem verwendeten Material vor allem von der Größe, d.h. vom Dämmvolumen, abhängig. Ein leichter und schmaler Gehörschützer erbringt grundsätzlich einen schwächeren Dämmwert des Umgebungsschallpegels als ein voluminöser.
Elektronische Gehörschutzkapseln
Diese leider nur auf den ersten Blick genialen Kapselgehörschützer sind die elektronisch geregelten Geräte, die zusätzlich mit einem elektronisch geregelten, aktiven Lärmschutz arbeiten.
Den Befürwortern dieser Geräte können wir allerdings nur der Verwendung auf dem Schießstand zustimmen, und dies auch nur eingeschränkt (siehe unten).
Jagdlich gesehen lehnen wir den Einsatz dieser Art von Gehörschützern ab, da er aus unserer Sicht gegen die Grundsätze unserer Jagdethik und der Ausübung einer möglichst natürlichen, anspruchsvollen Jagd verstösst. Dies ist aber eine persönliche Einstellung, die sicherlich nicht jeder teilen muss.
(Anm.: Wir leben ja in einer Gesellschaft, wo der Begriff "Toleranz" sehr groß geschrieben wird. Also das soll das jeder so entscheiden, wie er denkt.)
Wir haben jedenfalls bei dem beliebten Peltor SportTac u.a. beim Schiessen mit bestimmten Kalibern, insbes. mit einem großem Pulvervolumen und beim Kurzwaffenschiessen mit Magnumpatronen festgestellt, dass die empfundene Lärmpegeldämmung bei weitem nicht so gut ist wie mit anderen großen, voluminösen Kapselgehörschützern(!).
Aus diesem Grund können wir diesen (ohne Zweifel sehr praktischen Gehörschutz) nur für kleinere Kaliber bzw. Kugelpatronen empfehlen, bei denen nicht viel Pulvermasse verbrannt wird, aber nicht für starke Patronen oder Magnums. Sinnvolle Anwendungen für diesen Gehörschutz sind z.B. das Wurftauben- oder dynamische Flintenschiessen.
Gehörschutzkapseln für den Schießstand
Gehörschutzkapseln für die Jagd
Es gibt mehrere Faktoren, welche den Lärmpegel beim Schuss aus Jagdwaffen maßgeblich beeinflussen:
- Verbrennungsvolumen der Pulverladung
- Lauflänge
- Waffen- bzw. Laufmodifizierungen (Mündungsbremsen, Ports, Kompensatorschlitze)
- Umgebung (Position der Mündung, Reflektionsflächen, Gelände)
Gerade der letzte Punkt wird weit unterschätzt. Der empfundene Schusslärm variiert sehr stark. Man kann dies sehr gut feststellen, wenn man, z.B. in knieender oder liegender Position am flachen, ebenerdigen blanken Boden oder aus einer Kanzel mit nach aussen gehenden Fensterklappen schiesst.
Enorme Schallpegelverstärker können auch Schüsse über Täler in gegenüberliegende blanke Hänge/ Felsen sein. Solche Schüsse werden als extrem laut empfunden, und das sind sie auch!
Nach unseren Erfahrungen ist die praktikabelste Lösung bei den Gehörschützern ein faltbarer Kapselgehörschutz, wie z.B. der hier abgebildete Peltor H64FB/V. Diese Ausführung ist sehr leicht, verfügt über eine ausreichende Lärmdämmung und kann völlig bequem in einer der unteren Jackentaschen mitgeführt werden. Zum Einsatz legt man den Gehörschutz auf dem Sitz ausgefaltet bereit.
Tipp
Zum Pirschen wird die Gehörschutzkapsel am Kopf aufgesetzt, d.h. etwas über die Ohren. Kurz vor der Schussabgabe zieht man den Gehörschutz herunter. Das geht mit etwas Übung absolut problemlos.
Thematik "Schalldämpfer"
Abschließend noch ein paar Anmerkungen zum Mythos der Schallreduzierung durch Schalldämpfer, die auf Jagdwaffen aufgeschraubt werden:
Wer sich an seinen Physikunterricht in der Schule erinnert oder die Thematik in seinem Wissensstand noch präsent hat, weiß, dass sich der Schall auf der Erde durch die Schwingung in der Umgebungsluft fortpflanzt (Träger der Schallwellen) und sich mit einer Geschwindigkeit von ca. 330 Metern pro Sekunde bewegt. Bei Überschreitung der Schallgeschwindigkeit, d.h., wenn sich das bewegte Objekt mit einer höheren Geschwindigkeit bewegt, tritt eine weitere Komponente ein: Der Überschallknall.
Bei einer Patrone, die ein Geschoss auf eine höhere Geschwindigkeit als die Schallgeschwindigkeit beschleunigt, wie z.B. bei den meisten jagdlichen Mittelpatronen zwischen 700 bis 850 Meter in der Sekunde, tritt exakt dies ein. Dieser Geschossknall ist als ein laute, heller Knall wahrzunehmen. Er kann in diesem Geschwindigkeitsbereich weder von einem Schalldämpfer eliminiert, noch reduziert werden. Lediglich der Mündungsschallpegel am Laufende der Waffe wird für den Schützen gemildert, mehr aber auch nicht. Der Lärmpegel des Geschossknalls bleibt unverändert hoch.
Das ist auch der Grund, warum ein Schuss aus einer Büchse mit einem Schalldämpfer aus der Entfernung nicht anders wahrgenommen wird, wie der aus einer Büchse mit einem normalen Lauf, der aus flacher Schussposition über einer Wiese oder einem Kornfeld abgegeben wird. Es bleibt der "peitschende" Knall, zu 100%.
Weitere Nachteile von Schalldämpfern:
- hohe Leistungseinbußen durch Laufkürzung
- starke Einschränkung der Führigkeit bei gleicher (netto-)Lauflänge
- mangelhafte Handhabungsicherheit und erhöhte Unfallrisiken im Jagdbetrieb
- Ästhetik: die Optik und Linie der Jagdwaffe wird unterbrochen (ist natürlich Geschmackssache)
Auch das Argument der "besseren Präzision" trifft nach unseren Erfahrungen keineswegs zu. Es ist auch deshalb nicht nachvollziehbar, da jede Büchse aus qualitativ hochwertigem Material und einem guten, unveränderten Lauf mit den richtigen Patronen grundsätzlich immer eine sehr gute bis hervorragende Präzison erbringen kann.
Zusammengefasst möchten wir an dieser Stelle festhalten, dass Schalldämpfer, die auf Jagdbüchsen in Überschallkalibern angebaut wurden, nach unseren Erfahrungen im Jagdbetrieb keinerlei nutzbringende Vorteile für den jagdlichen Schützen erbringen.
Die einzige Ausnahme stellt echte Unterschallmunition dar, wie z.B. "Subsonic"-Patronen im Kaliber .22lfB. Es sollte klar sein, dass die Einsatzreichweite solcher Patronen durch die geringe Geschossgeschwindigkeit limitiert ist.
Wiederladen
Auch bei der Thematik Lärmbelastung können versierte jagdliche Schützen und Jäger, die Wiederlader sind, effektive Ergebnisse erzielen.
Dies gilt auch für die Auswahl des Jagdkalibers unter Berücksichtigung des jagdlichen Einsatzzwecks und der jagdlichen Rahmenbedingungen. Darüber hinaus können Wiederlader durch die optimale Abstimmung der Komponenten spürbare Verbesserungen beim Schussverhalten mit ihren Waffen erzielen und getrost auf unwirksame und störanfällige Anbauten wie Schalldämpfer verzichten.
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